Experimentelle Archäologie

Schon zu Beginn der Rekonstruktion des Herrschaftsbereiches war klar, dass die Wiederherstellung der Gebäude nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, eigenen Grabungsergebnissen und, soweit als möglich, voll funktionsfähig umgesetzt werden sollte.

Dieses Vorgehen erlaubt es dem Besucher heute, nicht nur die Räumlichkeiten zu besichtigen, sondern auch Einrichtungsgegenstände z. B. in der römischen Küche selbst auszuprobieren oder Vorführungen beizuwohnen. Dieses Konzept soll nun in einem Teil des unmittelbar an den Herrschaftsbereich angeschlossenen Wirtschaftsbereichs weiter ausgebaut werden.

Da die Grabungen auf Grund der komplizierten römischen Baustrukturen in Borg sehr langwierig sind, soll mit dem geplanten experimentalarchäologischen Werkstattbereich schon jetzt, vor Abschluss der Grabungen, den Funden (Metall- und Glasschlacke, Lehmvorkommen) Rechnung getragen und den Besuchern die Möglichkeit eröffnet werden, dem Gesamtkonzept des Archäologieparks folgend, an Vorführungen alter Handwerkstechniken teilzunehmen bzw. diese selbst auszuprobieren. Ein weiterer Aspekt ist die wissenschaftliche Überprüfung von Theorien zu Handwerkstechniken sowie Experimente hierzu, bei denen die Besucher unmittelbar dabei sein können und somit Wissenschaft hautnah erfahren.

Dabei spielen zwei Aspekte eine besondere Rolle:

Archäotechnik: bezeichnet die Ausführung historischer Verfahrens- und Arbeitsweisen, wie z. B. Handwerkstechniken. Wichtiger Aspekt sollte hierbei die Umsetzung mit historischen Techniken und Materialien sein. Ein Bestandteil der Archäotechnik ist die Vorführung dieser Techniken vor Publikum.

Experimentelle Archäologie: widmet sich vor allem der Erforschung technologischer Fragestellungen und untersucht praxisbezogene Aspekte antiker Lebensweisen. Die Ausgangslage für experimentalarchäologische Versuche ist eine genau definierte Fragestellung. Die Ergebnisse aus den Versuchen müssen messbar und jederzeit nachvollziehbar sein sowie in allen Einzelheiten dokumentiert werden. Diese Ergebnisse müssen später unter den definierten Bedingungen immer wieder reproduzierbar sein.

Die Glashütte

Die Herstellung von Glas beeindruckt schon seit den Kelten und Römern die Menschen in vielen Teilen Europas. Das Handwerk des Glasmachers wird nur noch in wenigen Regionen praktiziert und gezeigt, kann aber bis in römische Zeit, teilweise sogar noch weiter zurückverfolgt werden. Sowohl die Herstellungstechniken als auch die Werkzeuge haben sich nur wenig verändert. Dennoch sind über die Jahrhunderte schon viele Techniken in Vergessenheit geraten, teils weil diese Techniken sehr aufwendig sind und deshalb nicht mehr angewendet wurden, teils weil die Formen „aus der Mode“ gekommen sind.

Ein Ziel des hier vorgestellten Projektes ist die weitere Erforschung und Rekonstruktion antiker Fertigungstechniken sowie die Klärung wissenschaftlicher Fragestellungen zur Herstellung bestimmter Gefäßformen (frei- und formgeblasene Trinkgläser, Kannen und Flaschen, aber auch komplexe Projekte wie Rippenschalen und römische Fensterglasscheiben) und zur Funktionsweise unterschiedlicher holzbefeuerter Glasöfen. Neben den Forschungsergebnissen soll diese alte Handwerkstechnik aber auch den Besuchern wieder gezeigt und anhand von praktischen Beispielen erläutert werden.

Die Töpferei

In römischer Zeit hat es sicherlich in jeder römischen Ansiedlung Töpferöfen zur Herstellung von Gebrauchskeramik gegeben. Die Herstellung von besonderen Waren und Gefäßen, z. B. terra sigillata, fand allerdings in speziellen Töpfereien wie in Trier oder Rheinzabern, im Saarland auch in Blickweiler statt. Nachweise für Töpferöfen gibt es häufig, und auch die Konstruktion ist bekannt. Die Arbeitsabläufe sind aber auch in diesen Fällen nur selten untersucht.

Im Rahmen verschiedener Projekte kann an der Drehscheibe die Herstellung von Keramikgefäßen vorgeführt bzw. selbst ausprobiert werden. Anschließend können die hergestellten Gefäße dann im rekonstruierten Töpferofen aus Lehm auch gebrannt werden.

Neben Töpfereien für Gefäße gab es auch solche für Dachziegel. Hier sind die Öfen allerdings um einiges größer.

Die Schmiede und Buntmetallverarbeitung

Eine römische Schmiede ist ein weiterer Arbeitsbereich und wird ebenso wie die Töpferei häufig betrieben. In dieser Schmiede können und sollen Gerätschaften und Werkzeuge entstehen, wie sie auch in der Villa Borg aus der römischen Zeit nachgewiesen wurden. Für die Zukunft ist auch ein Projekt in Planung, dass sich mit der Eisenverhüttung beschäftigen soll. Dazu wird ein Rennofen entstehen, in dem Eisen hergestellt werden kann.

Auch die Buntmetallverarbeitung (Herstellung von Fibeln usw.) ist in die Schmiede integriert. Dass in der Villa Borg Buntmetall zumindest weiter bearbeitet worden ist, lässt sich über die Funde von Werkzeugen für diesen Zweck belegen.

Die Werkstätten sollen dann auch bei weiteren geplanten Projekten zum Thema Landwirtschaft und Hausbau benutzt werden.

Eine enge wissenschaftliche Zusammenarbeit mit den archäologischen und historischen Fachrichtungen der Universität Saarbrücken ist schon seit mehreren Jahren etabliert, ebenso wird die Zusammenarbeit mit weiteren Universitäten (Köln, Trier, Marburg, Utrecht/Niederlande usw.) weiter vorangetrieben. Universitäre Veranstaltungen, die sowohl aus einem theoretischen Teil (Vorlesungen, Übungen, Seminare) als auch einem praktischen Teil bestehen (Mitarbeit bei den Projektwochen, eigene Versuche), werden bereits umgesetzt. Weitere Projektpartner sind jederzeit willkommen.

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